Bericht zum „TROLL 1“ in der Zeitschrift

KFT-"Kraftfahrzeug-Technik" Februar 1963

„TROLL 1“

der neue Motorroller
aus Ludwigsfelde

„Guter Geist“ auf allen Wegen —

der neue Tourenroller „Troll 1“ aus Ludwigsfelde

Wie bereits in Heft 1/1963 kurz berichtet, lief im Januar der erste neue Motorroller „Troll 1“ vorn Montageband des VEB Industriewerk Ludwigsfelde. Der aus unserem Straßenbild nicht mehr wegzudenkernde Motorroller „Berlin“ wurde damit von einer Neuentwicklung abgelöst, die in bezug auf Fahrkomfort, Fahrleistung und Fahrsicherheit erheblich mehr bietet. Ausgangspunkt für diese Neuentwicklung waren die Forderungen nach verbesserter Federung, Sitzposition und einfacherer Wartungs- und Reparaturmöglichkeit. Eingehende Untersuchungen am Stadtroller „Berlin“ ergaben, daß seine Konzeption für die Weiterentwicklung erschöpft war und eine völlige Neuentwicklung notwendig wurde, wobei die Störfreimachung und ein möglichst großer Standardisierungsgrad mit den Motorrädern des VEB Motorradwerk Zsehopau bestimmend fiir die technische Gestaltung waren.
1. Fahrwerk
Richtungsweisend für die Wahl des Fahrwerks waren für die Konstrukteure in Ludwigsfelde die guten Erfahrungen. die bei MZ mit den Vollschwingenfahrgestellen der großen ES-Typen vorliegen. Darüber hinaus befanden sich in Zschopau die kleinen Typen, die ES- 125/150 in der Entwicklung. Daraus resultiert die gewählte Bauweise mit vorderer und hinterer Langschwinge. Die Federbeine der ES 125/150 wurden deshalb komplett für den Motorroller „Troll 1“ verwendet. Zusätzlich zu den außergewöhnlichen Fahreigenschaften ergibt sich damit für unsere Volkswirtschaft ein ökonomischer Nutzen der die Richtigkeit dieser Entwicklungstendenz bestätigt. Mit den Federwegen von 100 mm für das Hinterrad und 130 mm fiir das Vorderrad steht der „Troll 1“ an der Spitze aller bekannten Fahrzeuge gleicher Art.
Das Rückgrat der Neuentwicklung stellt ein geschweißter Blechprofilrahmen dar;  der unter Ausnutzung eigener Schweißanlagen im Werk selbst gefertigt wird.
Die Grundprofile werden durch einen modernen Vielpunktschweißantomaten in einem Arbeitsgang geschweißt. Daraus ergaben sich absolute Gewähr fiir eine einwandfreie Qualität der Verarbeitung sowie wirtschaftliche Fertigungszeiten. Der ebenfalls von der MZ ES 125/150 stammende Vorderträger und der Hinterhaubenträger werden aus Elektron-Kokillenguß hergestellt. Der Hinterhaubenträger ist zugleich als Kotflügel ausgebildet. Der äußerst verwindungssteife Rahmen bestimmt zusammen mit der hydraulisch gedämpften Langschwingenfederung die hervorragenden Fahreigenschalten des „Troll1“.
2. Motor
Die MZ-Motoren ES 125, ES 150 und RM 150/1 stellen die Baukastenreihe des neuen Einheitsmotors dar. Der Rollermotor RM 150/1 wird lediglich mit einem zusätzlichen Gebläse ausgerüstet. Durch systematische Weiterentwicklung konnte die Leistung dieser Motoren weiter gesteigert werden. So wurde u. a. das Pleul neu gelagert für das jetzt ein käfiggeführtes Nadellager verwendet wird. Die Hauptlager werden vom Getriebeöl aus dem Kupplungsraum fremdgeschmiert, wobei die Kurbelwellendichtungen jetzt unmittelbar an den Hubscheiben angeordnet sind. Die Lichtmaschinenseite schließt eine weitere Dichtung nach außen ab. Die in den vollen Hubscheiben notwendigen Ausgleichbohrungen wurden zur Erhöhung der Vorverdichtung mit Kunststoffstopfen verschlossen. Zur Verbesserung der thermischen Standfestigkeit werden nach dem Alfer-Verfahren hergestellte Leichtmetall-Verbundgußzylinder mit eingegossener Graugußbuchse verwendet. Die für diese Zylinderart ausgezeichnete Wärmeabführung ermöglicht den Betrieb mit 0;03 mm Kolbenspiel.
Mit der Verwendung von VK „Extra" (OZ 78) und der verbesserten Brennraumform konnte das Verdichtungsverhältnis auf 9:1 erhöht werden, so daß der Rollermotor RM 150/1 jetzt bei einer Drehzahl von 5500 U/min 9,5 PS abgibt. Sein maximales Drehmoment liegt mit 1,25 kpm bei 4000 U/min. Ansaug- und Abgasgeräuschdämpfer wurden sorgfältig auf den Motor abgestimmt, wobei insbesondere der Abgasschalldämpfer völlig neu entwickelt wurde. Das Normal-Fahrzustands-Diagramm zeigt die Abstufung der Gänge zur Motorleistung. Das Übersetzungsverhältnis des Primär-Kettentriebes ist zur Entlastung der im Ölbad laufenden Mehrscheibenkupplung verändert worden. Für die Primärkette kommt ein neuer Werkstoff zum Einsatz, der Laufleistungen von 25 000 km garantiert.
Auf der Lichtmaschinenseite wurde die Gehäusedeckelform verändert. Man gelangt jetzt durch Lösen von nur einer Schraube und Abnehmen eines kleinen zusätzlichen Deckels an die Lichtmaschine, was besonders unterwegs bei kleinen Reparaturen angenehm empfunden wird. Die Lichtmaschine wird jetzt durch einen Künststoffschlauch direkt in den Ansauggeräuschdämpfer entlüftet.
3. Formgestaltung und Details
Die Hinterhaube wurde in moderner Linienführung dreiteilig ausgeführt, wobei die mit Schnellverschluß versehenen, mühelos ahnehmbaren großflächigen Seitenschalen einwandfreien Zugang zu den Antriebsaggregaten gewährleisten.Die Beinschutzbleche sind weit hochgezogen und sorgen für optimalen Schmutz- und Wetterschutz. Eine bequeme breite Sitzbank ermöglicht jedem Fahrer die richtige Sitzposition. Sie läßt sich hochklappen und gibt den vorn liegenden Zugang für die Fernbedienung des Kraftstoffhahnes frei. Ebenfalls unter der Sitzbank befindet sich der Verschluß des Kraftstoffbehälters. Weitere wichtige Details sind die selbsttätig einklappende Seitenstütze sowie der völlig vom Trittbrett verdeckte Auspuff. Verletzungen am heißen Auspuff, wie sie bisher am „Berlin“ auftreten konnten, sind damit völlig ausgeschlossen.
Unmittelbar hinter den Beinschutzblechen befindet sich ein verschließbarer Kasten. Er bietet viel Platz für die Unterbringuug des Werkzeuges, Reserveschlauches usw. Darüber hinaus hat in diesem Kasten die Diebstahlsicherung ihren Platz, die durch Druckknopf betätigt wird.
Der Motorroller „Troll 1“ ist gegenüber seinem Vorgänger „Berlin“ etwas höher geworden. Das ergab sich aus den sehr großen Federwegen und der Notwendigkeit, in jedem Fall genügende Bodenfreiheit zu gewähren. Die Sitzposition liegt aber gegenüber anderen Fahrzeugen gleicher Art durchaus noch in normalen Grenzen, wobei man beim Fahren die etwas höhere Sitzposition als angenehm empfindet. Sie hinterläßt für den Fahrer den Eindruck, auf einem Motorrad zu sitzen und vermittelt äußerst guten Kontakt mit der Fahrbahn.
Vielseitig ist das im Handel zusätzlich zu erhaltende Zubehör, wie Gepäckträger, Einradanhänger usw. Auch das Reserverad wird jetzt nicht mehr serienmäßig geliefert, sondern kann je nach Bedarf zusätzlich gekauft werden. Damit wird vielfachen Käuferwünschen entsprochen, die das serienmäßige Ersatzrad als unnötigen Ballast ablehnen. Darüber hinaus wurde bei Untersuchungen der Pannenhäufigkeit festgestellt, daß im Mittel erst alle 20000 km eine Reifenpanne eintritt, so daß die ständige Mitnahme eines Reserverades nicht notwendig erscheint. Eine Luftpumpe wird serienmäßig mitgeliefert und befindet sieh im oberen Teil der Hinterhaube. Ganz vorsichtige Fahrer haben trotzdem die Möglichkeit, ihr Reserverad mitzunehmen.
Der „Troll“ besitzt als erster Motorroller serienmäßig asymmetrisches Abblendlicht! Mit einer Leistungsaufnahme von 45/40 Watt und einem Lichtaustrittsdurchmesser von 136 mm ergehen sich Ausleuchtungsverhältnisse der Fahrbahn, wie sie bisher hei Zweirädern unbekannt sind. Weiterhin besitzt dieser Roller serienmäßig Lichthupe und leistungsstarke Lenkerblinkleuchten (15 W). Eine Brems-, Schluß- und Kennzeichenleuchte mit 95 mm Lichtaustritt vervollständigt die elektrische Ausrüstung. Auch der Scheinwerfer und der in seinem oberen Teil eingelassene Tachometer ist ein Standardteil von der MZ/ ES 125/150.
4. Fahrleistungen
Der leistungsstarke Motor verleiht dem Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit, wie sie in dieser Klasse noch unbekannt ist. Mit V/max=90 km/h ist der Charakter des Tourenrollers „Troll 1“ für die schnelle und bequeme Überwindung großer Entfernungen unterstrichen.
Das ebenfalls hohe Drehmoment gewährleistet zügiges Fahren und schnelles Beschleunigen. Voraussetzungen, die einem Zweiradfahrzeug im Straßenverkehr die bekannten großen Vorteile bringt. 60 km/h werden aus dem Stand nach 11,6 s und 80 km/h nach 23 s erreicht. Der Kraffstoffverbrauch - Straßenverbrauch hat den günstigen Wert von 3 bis 4,4 Litern/ 100 km.
Die äußerst harte Erprobung des „Troll 1“, die im pausenlosen Dreischichtenbetrieb in den Jahren 1961 und 1962 durchgeführt wurde, geben die Gewähr für die Reife dieser Konstruktion und für die Qualität des Erzeugnisses. So wurden beispielsweise Kilometerleistungen von 80000 km für einzelne Fahrzeuge ohne nennenswerte Schäden erreicht. Diese Zahlen drücken wohl am besten den technischen Stand und die Qualität dieses Rollers aus. Zum Schluß sei noch erklärt, wie es zu den Namen „Troll" kam. Dieser Name ist die Zusammenfassung der Anfangsbuchstaben aus der Wortverbindung „Touren-Roller-Ludwigsfelde". Bleibt zu hoffen, daß sich der „Troll“ als der gute Geist seiner Besitzer bestätigt.

Kt K 6415            

Blick auf das Triebwerk und die hintere Schwinge nach abgenommener. linken Seitenschale. Sichtbar das Motorgebläse, die Kickstarterübertragung, der Hinterhaubenträger und die Langbau-Batterie

Blick auf das Triebwerk und die hintere Schwinge von rechts. Filter mit Ansauggeräuschdämpfer, Sicherungskasten, Regler, Federbein, Kette usw. sind gut zugänglich

Lenkerpartie am Motorroller „Troll 1“ mit den Bedienungselementen. Der verschließbare Kasten bietet viel Platz für Reserveschlauch und Werkzeug,
er nimmt auch die Druckknopf-Diebstahlsicherung auf.

Bei angebauter Blinklampe wird der Spiegel mit einer Klemmschelle befestigt. Neben den rechten Lenkergriff ist der Blinkschalter angebracht.

Quelle;   Zeitschrift- KFT Kraftfahrzeug-Technik / Archiv: Bert N.

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Stand: Februar 2009