21.08.2006 / Teltow-Fläming

Menschen staunten wie damals

Motorrollerbesitzer sind stolz auf ihre alte Technik aus Ludwigsfelde


GUDRUN OTT

LUDWIGSFELDE Das elfte Motorroller-Treffen in Folge und ein Andrang wie nie zuvor - der Ludwigsfelder Bahnhofsvorplatz platzte gestern aus allen Nähten. Weit über hundert Fahrzeuge hatten sich registrieren lassen, zwei Dutzend nahmen ohne Startnummer am Treffen teil. Dicht gedrängt auf dem Bürgersteig die Roller der "Heinkel-Freunde Berlin". Gerhard Lüdke fährt seinen Heinkel seit 1960 und hat sogar noch an den Avus-Rennen teilgenommen. Hier ein "Italiener", dort die "Bella" von Zündapp.

Aus Rangsdorf kam Peter Rosenow mit einem "Pitty", den er vom Schrott hatte und der erst seit sechs Jahren wieder richtig schmuck aussieht. 1954 hatte der junge Motorenschlosser in der Ludwigsfelder Rollermontage angefangen zu arbeiten. Damals lief die Null-Serie vom Band. Den zweiten Roller dieser Serie kaufte er seiner Mutter, die war Hebamme und fuhr täglich damit zur Arbeit. "Was haben die Leute damals gestaunt", erinnert sich Rosenow. Sie haben sich förmlich die Hälse verdreht.
Ähnlich war es am Sonntag, als die Motorroller wieder die Straßen rund um Ludwigsfelde belebten. Zwischen Siethen, Ahrensdorf, Genshagen, Löwenbruch und Thyrow waren die nostalgischen Zweiräder zu sehen.

Fünfzig Jahre ist es her - ein halbes Jahrhundert - da rollte in der Halle 4 des Industriewerkes Ludwigsfelde der erste "Wiesel" vom Band. Vom "Wiesel", der ursprünglich "SR 56 City" heißen sollte, wurden 57 400 Stück gebaut. Sein Vorgänger war der "Pitty", Stückzahl immerhin 11 293. Dem "Wiesel" folgten die Motorroller "SR 59 Berlin" und "TR 150 Troll 1". Als am 24. Dezember 1964 der letzte "Troll" die Montagehalle verließ, hatten die Fahrzeugbauer 239 149 Motorroller montiert.

Jetzt waren stolze Besitzer der Oldtimer aus der ganzen Republik beim Fachsimpeln auf dem Museumsplatz vereint. Die meisten kamen mit Saisonkennzeichen, wenige, zu denen der Autoschlosser Gunter Bachmann gehört, haben ihre Roller nie abgemeldet. So steht GHC noch für Gräfenhainichen, obwohl es jetzt Wittenberg heißen müsste. Man las Sprüche wie: "Gefunden bei Opa" oder "Ich bin ein SR 56 Wiesel und im Jahre 2006 50 Jahre alt geworden".

Schirmherr der Veranstaltung, der Berliner Verleger Hans Hennes Schulz, zeigte sich begeistert. "Dass Traditionen in dieser Stadt fortgeführt werden, ist großartig."

Das erste Mal beim Rollertreffen dabei, war auch die Interessengemeinschaft Halle-Trotha mit "Berliner Roller" und "Troll". Die beiden jungen Männer kamen mit einem Wartburg 312 Camping aus dem Jahre 1966. Selber aufgebaut und viel bewundert.

Bürgermeister Heinrich Scholl, begrüßte besonders die Roller-Fans aus Belgien, lobte Helfer und Sponsoren. Erst spät abends knatterte man wieder dem Alltag entgegen. Es blieb Geruch von verbranntem Zweitaktergemisch, der einen schönen Sonntag lang über der Stadt hing. (Teltow-Fläming)

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