KFT-"Kraftfahrzeug-Technik" Mai 1964

Vor mehr als einem Jahr liefen die ersten Tourenroller Troll 1 (TR 150) vom Montageband des VEB Industriewerke Ludwigsfelde. Die vom bisherigen Stadtroller Berlin SR 59 gänzlich abweichende Gesamtkonzeption des neuen Erzeugnisses hatte neue, veränderte und verbesserte Fertigungsanlagen zur Voraussetzung gehabt. Diese Anlagen mußten weitgehend den Forderungen einer modernen Serienfertigung entsprechen, aber auch eine wirtschaftliche Produktion bei den zugrunde liegenden Stückzahlen von rd. 30000 Einheiten im Jahr zulassen. Die gefundene Technologie stellt nach unserer Auffassung in vielen Einzelheiten ein gutes Beispiel für eine Fertigung unter solchen Voraussetzungen dar. Mit dem folgenden Beitrag sollen einige der technologischen Stationen des Troll 1 vorgestellt werden.

Die Redaktion    

Ing. G. ZIEGLER, Ing. R. SCHOTT

Moderne Fertigungsanlagen

für den MotorrollerTROLL 1“

1955 wurde im VEB Industriewerk, Ludwigsfelde, die Fertigung von Motorrollern aufgenommen. Der seinerzeit hergestellte Typ Pitty wurde unter Beibehaltung der Konzeption zu den Typen Wiesel und Berlin weiterentwickelt. Da der ab 1959 gefertigte Stadtroller Berlin schon bei Abschluß seiner Konstruktion nicht mehr dem allgemeinen Stand der Technik entsprach, wurde 1961 mit einer Neukonstruktion begonnen. Es kann gesagt werden, daß mit dem nun seit Anfang 1963 gefertigten Motorroller Troll 1 trotz aller Anlaufschwierigkeiten der Anschluß an die Weltspitze gelang. Unter anderem haben das viele Veröffentlichungen im In- und Ausland und auch in der Kraftfahrzeugtechnik nachgewiesen.
Der technische Stand eines Fahrzeugs wird aber nicht nur von seinen konstruktiven Daten bestimmt, sondern hängt in starkem Maße auch von seinem Fertigungsniveau ab. Bei der Ausarbeitung der neuen Technologie für den Motorroller Troll I mußte grundsätzlich mit dem zur Verfügung stehenden Maschinenpark, der für die „Berlin"-Fertigung vorhanden war, ausgekommen werden, wobei zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit Spezialvorrichtungen sowie
sprechen; die Bauteile wandern jedoch in sinnvollem Arbeitsablauf von Maschine zu Maschine und werden in so genannter Nestfertigung mit teilweisem Wechselfließcharakter gefertigt.
Als Beispiel soll die Steuerrohrfertigung erwähnt werden. Auf engstem Raum im unmittelbaren Zusammenwirken von Kopierdrehmaschinen, Schleifmaschinen, Kurzgewindefräsmaschinen und Exzenterpresse werden hier, beginnend beim angefertigten Rohteil, alle

Bohrkopfeinheit für Trittbrett

Mehrwegbohreinheit für Haubenträger          

Sondermaschinen eingesetzt wurden. Die Mittel für diese Spezialvorrichtungen und Sondermaschinen wurden aus Rationalisierungskrediten bereitgestellt, die innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Amortisationszeit zurückzuführen sind. Sämtliche Sondermaschinen und Spezialvorrichtungen, wie beispielsweise Zweiwegebohrmaschine für Rahmensteuerkopfrohr, Bohrkopfeinheiten für Trittbrett, Bohrkopfeinheit für Rahmenstirnblechbohrungen, Mehrwegebohreinheit für Haubenträger, halbautomatische Vielpunktschweißmaschine wurden nach vorgegebener Technologie im VEB Industriewerk konstruiert und hergestellt.

Halbautomatische Vielpunktschweißmaschine für den Rahmen 

(Teil eingelegt)

Anmerkung: Rahmenform ist gelb gekennzeichnet

Hauptaufgabe für die Abteilung Technologie war vor allem eine intensive Kleinmechanisierung, um eine rationelle und damit wirtschaftliche Fertigung verwirklichen zu können. So wurde z. B. ein großer Teil älterer Typen durch Zweckmodernisierung (pneumatische Spannvorrichtungen, Mehrfachdrehmeißelhalter und Aufsteckbohrköpfe) für die spezielle Anforderung der neuen Serienfertigung umgebaut (Bild 2 und 3).
Die vorgesehene Jahresproduktion von rd. 30000 Motorrollern stellte bereits in bezug auf den Arbeitsfluß besonders bei lohnintensiven Teilen erhebliche Aufgaben. So ergibt die mechanische Fertigung heute zwar optisch den Eindruck, daß die Standorte der verschiedenartigen Maschinen nicht den modernen Fertigungsprinzipien ent-

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Bild 5

Endprüfung des geschweißten Blechprofilrahmens

Arbeitsgänge bis zum Fertigteil durchgeführt. Da das Steuerrohr des Motorrollers Troll 1 mit dem der Motorräder MZ ES 125 bis 300 große Ähnlichkeitsmerkmale aufweist, wurden die Erfahrungen der Gruppenbearbeitung genutzt und die Fertigung der Steuerrohre vorn VEB Motorradwerk, Zschopau, als Lohnauftrag mit übernommen.

Bild 6

Bild 7

Auch in der Rahmenfertigung — der Rahmen des Motorrollers Troll 1 besteht im wesentlichen aus Stahlblechprofilen — wurde durch eine sinnvolle Maschinenaufstellung von halbautomatischen CO2- Schweißgeräten, einer Abbrandstumpfschweißmaschine und Punktschweißmaschinen ein guter Fertigungsfluß und damit eine hohe Wirtschaftlichkeit erreicht. In der eingangs erwähnten halbautomatischen Vielpunktschweißmaschine wird der vorgeheftete Rahmen nach einem vorgegebenen Steuerprogramm mit Schrittpunktverfahren in einem Arbeitsgang geschweißt (Bild 4). Die Endprüfung des Rahmens ist in Bild 5 zu sehen.

Bild 8

Die Ludwigsfelder Technologen waren auf Grund der räumlichen Verhältnisse in der Lage, eine großzügige Endmontage aufzuziehen, die für die Zweiradherstellung unserer Republik als beispielhaft gelten kann (Bild 1). Die Montage des Motorrollers Troll 1 erfolgt in insgesamt 24 Arbeitstakten mit einer Taktzeit von 4 Minuten. Die Unter- und Baugruppenmontagen finden unmittelbar links und rechts neben dem Endmontageband statt und sind den jeweiligen Takten zugeordnet (Bild 6, 7, 8). Die Versorgung mit Einzelteilen erfolgt durch unmittelbar am Montageband angelegte Bereitstellungslager mit Hilfe von Spezialtransportswagen, Behältern oder Paletten. Während der Montage wird jeder Roller durch zwischengeschaltete Funktionsprüfstände auf seine einwandfreie Beschaffenheit in bezug auf Qualität und Funktion überprüft, bevor er dem Versand übergeben wird (Bild 9. 10, 11).
Es hat sich erwiesen, daß durch die großzügige und durchorganisierte Raumaufteilung der Endmontage Arbeitsbedingungen geschaffen wurden,. die sich auf die Arbeitsproduktivität und Qualität des Motorrollers Troll 1 günstig auswirken.

KfA 7021

Bild 6 Vor Beginn der Hauptmontage wird der Rahmen vormontiert. Die Spannung der Teile erfolgt pneumatisch. Der Rahmen ist um die Steuerachse 180 Grad schwenkbar und kann pneumatisch gehoben und gesenkt werden.
Bild 7 An der jeweiligen Zuführungsstelle des Hauptmontagebandes finden Baugruppenmontagen statt. Hier die Montage der Vordergabel.
Bild 8 Kleines Montageband für Vorder-und Hinterräder
Bild 9 Scheinwerfereinstellung mit optischen Einstellgerät für das asymetrische Abblendlicht.
Bild 10 Funktionskontrolle von Vorderradbremse, Tachometer usw. durch in Boden eingelasse, fremdgetriebene Rollen.
Bild 11  Funktiosprüfstand für den Motorroller Troll 1.

Bild  9      Bild 10        Bild 11  

Quelle;   Zeitschrift- KFT Kraftfahrzeug-Technik / Archiv: Bert N.

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Stand: Februar 2009