aus der Internetseite derteltow.de16.+17.8./
Rollertreffen
Fünfzig Jahre Motorrollertreffen in Ludwigsfelde
Wenn sich am 16./17.August 2008 wieder ca. 130 Motorroller der Baujahre vor 1965 am Stadt-
und Technikmuseum treffen, kann diese Veranstaltung auf fünfzig Jahre Rollergeschichte
blicken. Viele Ludwigsfelder können sich noch an das erste Motorrollertreffen 1958
erinnern. Ein Grund, mit Kindern und Enkeln an diesen Tagen den Rollerfreunden, die die
Historie der Ludwigsfelder Motorrollerproduktion am Leben erhalten, einen Besuch
abzustatten.
Am Sonnabend, den 16.8, Starten die Roller um 15 Uhr von der Festwiese in der Ringstraße,
zu einer Rundfahrt über die Orte Ahrensdorf, Siethen, Jütchendorf, Schiaß, Blankensee,
Glau, Löwendorf, Trebbin, Thyrow, Kerzendorf nach Ludwigsfelde. Ab 18.30 Uhr erfolgt der
Start zu einem Korso durch die Stadt.
Die Sonntagswettbewerbe beginnen um 9 Uhr mit dem Turnier, gleichzeitig wird der schönste
Motorroller per Publikumsentscheid gesucht.
Freuen würden sich die Mitglieder des Vereins Freunde der Industriegeschichte
Ludwigsfelde e.V. und das Museum, wenn Fotos, Prospekte, Rechnungen, Plaketten,
Korrespondenzen oder sonstige die Ludwigsfelder Motorroller betreffende Materialien
leihweise oder zum Verbleib zur Verfügung gestellt werden würden. Ansprechpartner findet
jeder im Museum.Deshalb ein Aufruf:Ehemalige IWL-ler, liebe Ludwigsfelder; sucht in den
Kellern, Garagen und Dachböden nach Motorroller-Utensilien und bringt diese mit. Es sind
Zeitzeugen. Schade wenn sie verloren gehen.
Fünfzig Jahre Motorrollertreffen in Ludwigsfelde
der Motorrollerfertigung in dem VEB Industriewerke Ludwigsfelde begann auch der
Motorsport mit diesen Erzeugnissen. Werkdirektor Singhuber wollte mit sportlichen Erfolgen
die Leistungsfähigkeit des ersten Motorrollers der DDR, dem Typ Pitty, unter
Beweis stellen. Er entschloss sich, ab 1955 die Motorroller bei Leistungsprüfungsfahrten
im Geländesport einzusetzen. Schwieriger konnten die Bedingungen nicht sein.
Mit Gründung des Motorsportclubs Ludwigsfelde im Frühjahr 1958 sollte nicht nur
der Leistungssport ausgeführt werden. Vielen Fahrzeugbesitzern eine motorsportliche
Betätigungsmöglichkeit zu bieten war ein weiteres Ziel. Ein Treffen aller
Motorrollerfahrer noch im Jahr 1958 entsprach dieser Zielstellung. Als Sponsor und
Mitorganisator engagierten sich die Industriewerke Ludwigsfelde.
Gleich zwei Veranstaltungen am gleichen Tag wurden aus der Taufe gehoben. Eine national
offene Geländesportveranstaltung mit hohem Schwierigkeitsgrad für Motorräder und
roller und ein Motorrollertreffen für alle Rollerbesitzer. Am 13.J uli 1958 war es
soweit.
An diesem ersten Motorrolletreffen nahmen 127 Rollerfahrer teil. Sie mussten Orte
anfahren, deren Anfangsbuchstaben das Wort Wiesel ergaben. Diesen Namen hatte der
ab 1956 gefertigte Motorrollertyp SR56 der Industriewerke. Ein Geschicklichkeitsturnier
und ein Stadtkorso rundeten den Veranstaltungstag ab.
Von nun an fand bis einschließlich 1964 jährlich ein derartiges Treffen statt. In den
Jahren 1959 bis 1963 sogar mit internationaler Beteiligung. Die Einstellung der
Motorrollerproduktion Ende 1964 wegen Aufnahme der Lastkraftwagenfertigung bedeutete das
Aus für die Rollertreffen. So dauerte es bis zum Jahr 2000, dass aus Ludwigsfelde erneut
der Aufruf zu einem Treffen kam. Die Oldtimerbesessene Familie Both initiierte mit der
Stadtverwaltung Ludwigsfelde eine derartige Veranstaltung. Und alle staunten, wie viele
Motorroller aus dem Ludwigsfelder Werk noch an Leben waren. Alle zwei Jahre folgen die
Rollerfreunde nun wieder dem Ruf nach Ludwigsfelde.
Im Jahr 2008, fünfzig Jahre nach der ersten Veranstaltung, treffen sich am 16./17. August
wieder ca. 120 Rollerfreunde in der Stadt.
Bei der Ausfahrt am Sonnabend, den 16. August, werden die Orte tangiert, die bei der
ersten Geländefahrt Streckenpunkte waren. Dieses mal selbstverständlich auf befestigter
Straße. Auch das Wort Wiesel wird an den Kontrollstellen der Ausfahrt von
Bedeutung sein. Wenn ab 18.30 Uhr alle Teilnehmer zum Stadtkorso antreten, ist die
Parallelität zum ersten Treffen fast vollständig.
Der Sonntag bietet allen Zuschauern die Gelegenheit, den schönsten Motorroller per
Publikumsentscheid zu wählen. Ab 9 Uhr beginnt am Stadt- und Technikmuseum (Bahnhof
Ludwigsfelde) das Geschicklichkeitsturnier, die Siegerehrung findet um 15 Uhr statt.
Der Eintritt ist frei. Für Essen und Getränke ist gesorgt.
Film ab,
heißt es zum 12. Motorrollertreffen 2008 am 16. und 17. August im
Ludwigsfelder Stadt- und Technikmuseum. Zu sehen ist ein historisches Filmdokument zu dem
Thema Ludwigsfelder Motorroller. Der Dokumentarfilm
Viele Wege führen zum Q (8 min)
aus dem Jahr 1960 beschäftigt sich mit geplanten Verbesserungen durch den VEB
Industriewerke Ludwigsfelde am Motorroller Berlin
Dieser Beitrag konnte im Vorführraum des Progress- Film Berlin bereits
eingesehen werden und es herrschte die einhellige Meinung: sehenswert.
Über diesen Film gab es im Jahr 1961/62 ausgiebige Informationen und Diskussionen in den
Pressemedien. Deshalb eine kurze Voranbetrachtung.
Der Motorroller Berlin hatte sich nach einem reichlichen Jahr Produktion als
beliebtes Zweiradfahrzeug in der DDR und sogar im Export etabliert. Das Management der
Industriewerke wollte nun auch die höchste Qualitätseinstufung erreichen. Diese erteilte
eine staatliche Institution, das Deutsche Amt für Material- und Warenprüfung
(DAMW) nach ausführlicher Begutachtung der Konstruktionsunterlagen, - einschließlich
eines Weltstandvergleiches -, der Fertigungsabläufe und Fertigungskosten sowie der
Qualitätssicherung. Doch da gab es noch einige Hängepartien.
Klappern gehört zum Handwerk sagte sich das Management und begann damit.
Aktion 1: Ein Wettbewerbsaufruf.
Am 2. Oktober 1960 fand im Ludwigsfelder Kulturhaus eine Pressekonferenz mit Verkündung
der Prämissen des Wettbewerbes statt: Diese waren: Materialeinsparung und
Qualitätsverbesserung. Zu den gesetzlichen Vergütungen für Neuerervorschläge kamen
noch Geldprämien des Werkes. Aber auch Sachpreise:
1. Preis ein Motorroller
2. Preis ein Campinganhänger
2. Preis ein Ersatzmotor
insgesamt 20 Preise.
Aktion 2: Ein Motorrollerrennen
Waren die Journalisten schon mal in Ludwigsfelde, sollten sie auch die Leistungsfähigkeit
der Motorroller begutachten können. Also veranstaltete der Motorsportclub Ludwigsfelde
sein erstes Motorrollerrennen. Ein absoluter Publikumsmagnet.
Aktion 3: Ein Werbefilm
In dreiwöchiger Dreharbeit produzierte der VEB DEFA-Studio für Dokumentarfilme im Herbst
1960 den Film Viele Wege führen zum Q. Der Film zeigt, wie das Büro
für Neuererwesen (BfN) die Idee zum Wettbewerb hat und welche Überlegungen zur
Verbesserung des Motorrollers in Ludwigsfelde schon als mögliche Lösung existieren. Dazu
viele Bilder aus der Fertigung, deren Mitarbeiter Qualität und Kosten beeinflussen. So
der damalige Sprachgebrauch.
Soweit, so gut.
Der Film kam im März 1961 als Vorfilm in die Kinos. Diese waren ständig gut besucht,
denn der Hauptfilm Dr. Crippen lebt, ein aus der Bundesrepublik importierter
Krimi, erwies sich als Straßenfeger.
In der Folge gab es bei den einschlägigen Pressemedien zahlreiche Anfragen, wann welche
Änderungen in Serie gehen. Schließlich überlegte jeder zukünftige Kunde, ob der
Kaufzeitpunkt eines Berlin jetzt der richtige ist. Mit einer bemerkenswerten
Kritik nahm die Zeitschrift Kraftfahrzeugtechnik in der Ausgabe 4/1962 Stellung.
Für die heutigen Besitzer/Benutzer eines Berlin kurz die in der Zeitschrift
aufgelisteten Verbesserungen und die Beurteilung der Redaktion dazu.
1. Rändelschrauben zur Befestigung der Hinterhaube, anstelle der bisher
verwendeten Maschinenschrauben.
Das wurde aus Fertigungsgründen noch nicht verwirklicht.
2. Kunststoffbehälter für das Werkzeug.
Auch hier erwies sich die bisherige Ausführung als günstiger.
3.Schaltwippe.
Der Schaltvorgang ist nach wie vor der gleiche. Lediglich eine Erleichterung für das
Finden des Leergangs wurde gefunden.
4. Verbesserte Ausführung der Hinterhaube.
Der Berlin wird nach wie vor mit komplett abnehmbarer Hinterhaube geliefert.
5. Schutzwirkung (gegen Verbrennungen) über den Auspuff.
Serienmäßig wurde und wird eine derartige Vorrichtung nicht mitgeliefert. Das IWL
bereitet allerdings die Fertigung eines solchen Gerätes als Massenbedarfsartikel zum
zusätzlichen Kauf vor.
6. Unfallschutz durch arretierten Schalthebel bei aufgeklappter Seitenstütze.
Auch diese Schutzvorrichtung wurde und wird am Berlin nicht verwendet.
..Eine serienmäßige Änderung ist in dieser Hinsicht in Kürze zu erwarten. Der
Steg im Trittbrett soll an anderer Stelle eine Bohrung erhalten, die den Aufhängungspunkt
der Rückzugsfeder verändert.
7. Geschweißte Felgen statt genieteter.
Das ist das einzige Detail, das entsprechend den Filmankündigungen geändert wurde, was
allerdings ganz und gar nichts mit Verbesserungsvorschlägen zu tun hat.
Da also die wenigsten der im Film aufgeführten Verbesserungen einen serienmäßig
gefertigten Roller zieren, ist ihre Popularisierung durch diesen Film äußerst
fragwürdig.
..
Am Schluss bleibt der bestürzende Eindruck, dass mit diesem Film weder dem
rollerfertigenden Betrieb, dem Rollerfahrer oder dem der es werden will, noch der
guten Sache des Verbesserungsvorschlages genützt wurde, geschweige denn dem
Ruf unserer DEFA.
Und warum kamen die Änderungen nun wirklich nicht? (Meinung des Autors)
Zu 1: höhere Kosten bei Rändelschrauben.
Zu 2: Haltbarkeit unzureichend.
Zu 3: die Leerlauffalle war funktionell ausreichend.
Zu 4: die vorgeschlagenen Öffnungen gewährleisteten keinen Keilriemenwechsel, kein
Auspuffkrümmer nachziehen, keine Kupplungseinstellung und keine Kettenspannung.
Zu 5: mehrere Varianten hatte die Konstruktion vorbereitet. Kapazitätsmangel in der
Fertigung des IWL zwang zur Suche nach einen außerbetrieblichen Hersteller. Erfolglos.
Zu 6: die selbständig einklappende Seitenstütze erwies sich als ausreichend.
Dazu kam, dass die Konstruktion nach dem Mauerbau in Jahr 1961 große Probleme mit der
Materialumstellung hatte. Importe aus Westdeutschland kamen erfolgten wegen der
Wirtschaftsblockade nicht mehr. Das Material aus den Ostblockländern hatte aber oftmals
andere Abmessungen, Festigkeiten oder Umformeigenschaften. Da war für umfangreiche
Änderungen am Roller im Konstruktionsbereich und der Fertigungsvorbereitung keine Hand
frei.
Fazit:
Zum 12. Ludwigsfelder Motorrollertreffen erscheinen, den Film ansehen und eine eigene
Meinung bilden.
Manfred Blumenthal |